Nachdem wir am Sonntag Frau Stieldorf und Herrn Denis verabschiedet hatten, brach für uns die zweite Woche, nun komplett auf uns allein gestellt, an. Statt, wie eigentlich ursprünglich geplant, beim Museum des Spaceports zu arbeiten, wechselte ich von der ESA zwei Gebäude weiter zum BLC, dem Bureeau Local des Compétences. Das BLC fungiert innerhalb des CSG (Centre Spatial Guyanais – also des European Spaceports) als eine Art Verteiler für Bewerbungen. Nötig vor Allem wegen der schieren Anzahl von Unternehmen verschiedener Branchen die auf und um den Spaceport arbeiten. Von hier werden die Bewerbungen an die in Frage kommenden Unternehmen weitergeleitet und Empfehlungen gegeben.
Meine Aufgabe im BLC sollte die Übersetzung einer Broschüre für Praktikanten (wie passend) sein. Meine Kolleginnen heißen Béatrice Leopold und Zwei mal Martine und sind von Beginn an sehr freundlich. Sie sprechen jedoch kein Englisch und somit komme ich, sehr zur Freude von Frau Stieldorf doch noch zu einiger Sprachpraxis im Französischen. Die Broschüre zählt zentrale Anlaufstellen innerhalb des CSG auf und gibt Tipps rund um das Arbeiten auf selbigem, sowie zum Leben in Kourou und Guyana allgemein. Das Papier war bisher natürlich nur auf Französisch verfügbar, da aber auf der Basis ein internationales Team arbeitet, ist es gerade für den Start eines längeren Praktikums sinnvoll, diese Informationen auch zu verstehen. Gewünscht wurde eine Übersetzung auf Englisch und Deutsch. Ich entschied mich schnell dafür, mit der Englischen zu beginnen, denn eine solche, dem Wortlaut nahe Übersetzung auf Deutsch auch so zu formulieren, dass diese mir auch zusagt, erschien mir schwieriger. Außerdem würde die englische Version wohl von mehr Praktikanten genutzt werden können.
Die Arbeit ging mir wie gewohnt gut von der Hand. Ich nutzte dazu meinen eigenen Laptop, da für mich kein Zugang zum PC verfügbar war. Dafür bekam ich, das erste Mal in meinem Arbeitsleben ein eigenes Büro, und das sogar mit Ausblick auf das Raketenmodell vor dem Parkplatz des CSG. Zum Nachschlagen wurden mir Wörterbücher auf den Tisch gelegt, in die ich aber nicht einmal reinschaute, denn Wörterbücher waren natürlich auch auf meinem Handy für die Reise vorinstalliert.
Die Entscheidung mit der englischen Übersetzung zu beginnen sollte sich noch auszahlen. Denn natürlich verdarb ich mir (vermutlich dank des Mikrowellen Futters auf das wir dank einer unterirdisch ausgestatteten „Küche“ im Internat zurückgreifen mussten) den Magen. Zusammen mit einer Rundfahrt auf dem Gelände des CSG für die „Nouveaux Arrivants“ (Neuankömmlinge) verpasste ich diese Woche somit insgesamt 2,5 Tage Arbeitszeit. Als ich am Donnerstagmorgen meiner Chefin Béatrice per Telefon auf Französisch für die Arbeit absagen wollte, machte sie sich so große Sorgen, dass sie mich zum Schultor beorderte. Hier wartete ich dann eine halbe Stunde nach Treffpunkt und zwar nicht, weil sie sich etwa verspätete, sondern bereits in der Verwaltung der Schule Alarm machte. Ich muss vorab sagen, dass alles was an diesem Vormittag folgte unglaublich fürsorglich von Béatrice war, die dafür auch Ihren Arbeitstag opferte, trotzdem fühlte ich mich im Nachhinein doch sehr übergangen. Ich wurde zu keiner Zeit nach meiner Meinung gefragt, obwohl ich meinen Körper wohl immer noch am besten einschätzen kann, und von Stelle zu Stelle geschliffen. Als Mitte zwanzig jähriger behandelt, fühlte ich mich an diesem Tag kaum. Es ging erst zu den deutschen Lehrern vor Ort – ohne das etwas dabei rum kam. Dann zur Schulärztin – die auch keine neunen Weisheiten präsentieren konnte. Immerhin wurde mein nicht vorhandenes Fieber gemessen und mir eine Wasserflasche geschenkt. Dann zur Verwaltung, in drei Damen um mich herum sehr schnell Französisch sprachen. Ich glaube es ging darum wer mich zum Arzt fährt – ob ich das auch für nötig halte wurde nicht gefragt. Auf dem Weg aus der Schule eröffnete mir Béatrice, dass Sie nun mit mir ins Krankenhaus führe – brav Oui gesagt und weiter. Dort angekommen sollte ich mich im dreckigsten Wartezimmer welches ich bisher erleben durfte hinsetzen, während Béatrice mit meiner Krankenkassenkarte und meinem Ausweis in der Schlange stand. Es ging dann schnell ins Hinterzimmer (ich dachte schon als weißer würde ich bevorzugt behandelt, was mir unangenehm war) aber lediglich zum Wiegen, Blutdruck messen und erneuten Fieber messen. Danach wieder in den Warteraum in dem es von Kranken wimmelte und Kinder auf dem Boden spielten – 2,5 Std warten. Nach dieser gefühlten Ewigkeit ein Schnelltest mit Blut für Cholera, Malaria und Dengue Fieber (alles negativ), ein bisschen auf dem Bauch Gedrücke und eine Aufforderung zur Abgabe einer weiteren Probe. Der Arzt verschrieb mir 2 Medikamente (von denen ich eines bereits vorher von Béatrice bekommen hatte und dessen deutsches Äquivalent ich in meiner Reiseapotheke bereits mitgebracht hatte). Danach war das Krankenhaus auch geschafft. Die Ergebnisse der Analyse würde ich dann am Samstag/Montag abholen können. Wir fuhren noch zum Supermarkt, Schonkost kaufen und danach endlich wieder ins Internat, wo ich von Anfang an einfach hätte bleiben wollen. Wie gesagt bin ich Béatrice Dankbar, dass sie einen solchen Aufwand für mich betreibt. Insgesamt war es aber (Stand jetzt am Wochenende ohne Ergebnisse der Analyse) viel Wirbel um nichts und das zu großen Teilen wegen der Sprachbarriere und der Mutterinstinkte meiner Chefin.
Die Woche klang am Freitag mit ruhigem Arbeitstag und Magen aus.