Montag, 15.08.
Da ich am Sonntag meinen Koffer nicht aus dem Schließfach bekommen habe (der Automat hat das Geld nicht angenommen, also dachte ich, das Personal hätte den raus geholt), habe ich das Montagmorgen gemacht. Eine halbe Stunde hat es gedauert, bis das geregelt war. Insgesamt hat es mich 26 Euro gekostet, den Koffer von Donnerstag bis Montag dort zu lagern.
Mein Plan war gewesen, um 8.00 Uhr den Shinkansen nach Osaka zu nehmen, der braucht nämlich drei Stunden, dann die Sachen zum Hotel bringen, zurück zum Bahnhof und eine Stunde bis nach Nara fahren. Da der Koffer aber verdammt schwer war und ich absolut keine Lust hatte den mit bis nach Hiroshima und zurück zu schleppen, habe ich neue Klamotten in meinem Rucksack gepackt und bin zum Hotel gelaufen, in dem ich die letzte Nacht am Freitag, 19.08., verbracht habe. Dort habe ich den Koffer abgeliefert, bin zurück zum Bahnhof gehechtet und habe einen Sitzplatz im Zug reserviert. Um 10.03 Uhr habe ich dann, zwei Stunden später als geplant, Tokyo verlassen. Somit war ich auch zwei Stunden „zu spät“ in Osaka, erst um 13.00 Uhr. Den Plan, den Rucksack zum Hotel zu bringen, habe ich deswegen verworfen. Stattdessen habe ich ihn am Bahnhof eingeschlossen und bin in den nächsten Zug gestiegen, sodass ich um 14.00 Uhr endlich in Nara angekommen war.
Nara.
Die Stadt der Hirsche und bis 784 Hauptstadt Japans.
Mit dem Zug dauert es 50 Minuten, von Osaka bis ins 30 Kilometer entfernten Nara. Von dem Bahnhof läuft man ein paar Minuten Richtung Park, wo dann auch schon der erste Sika-Hirsch mitten über die Straße läuft. Im Park selbst wimmelt es nur von ihnen – und von Touristen, die Hirschkekse kaufen. Sobald man welche hat, stürmen alle Hirsche in der Nähe auf einen zu. Ist man nicht schnell genug, wird auch schon mal das T-Shirt gefressen. Sobald alle Kekse weg sind, ist man aber uninteressant für die Tiere.
Sehr lustig anzusehen, wenn die Leute vor den Hirschen weglaufen, weil sie von ihnen belagert werden. Die wissen doch, dass das passiert.
Ich habe keine Kekse gekauft, nicht weil es mir die 200 Yen nicht wert gewesen wäre, sondern weil die Tiere teilweise nicht sonderlich gesund aussehen und schon mehr als genug Kekse bekommen.
Nachdem ich haufenweise Fotos gemacht habe, bin ich zum Todai-ji gegangen, dem größten Holzgebäude der Welt. Die Straße dorthin wurde grade gereinigt, denn viele Hirsche heißt auf viel Hirsch-Scheiße. Die Tiere sind wohl so heilig, dass ein Mann sogar einen hübschen Haufen neben dem Tor fotografiert hat. Wer nicht reintreten will, muss schweben.
Ab in den Tempel, wo ein 15 Meter großer Buddha sitzt. Eine Runde um ihn herum gelaufen und wieder raus.
Dann bin ich zum Kasuga Schrein gelaufen. Auf dem Weg dorthin, der relativ lang ist, stehen hunderte von Steinlaternen. Diese werden zweimal im Jahr angezündet und am Montag war einer dieser Tage. Obon hatte geendet und das wurde gefeiert. Dass es sich um diese Laternen handelte, die angezündet wurden, erfuhr ich erst auf dem Weg runter wieder. Mein Freund Google hat es mir verraten, der Aufseher hat dann gesagt, sie werden um 19.00 Uhr angezündet. Ich hatte noch 1,5 Stunden totzuschlagen. Also den Weg vom Schrein wieder zurückgelaufen und was zu Essen gesucht. Dadurch das es Abend wurde, legten sich viele Hirsche hin, sodass man sie jetzt auch anfassen konnte, ohne sie mit Keksen bestechen zu müssen. An einem Stand ein Okonomiyaki gekauft und mit einem aufdringlichen Hirsch darum gekämpft. Er wollte das so sehr haben, dass er sogar in die Styroporpackung gebissen hat.
Nach dem Essen dann wieder zurück zum Schrein, zusammen mit hundert – wahrscheinlicher sogar tausend – Menschen. Jede Laterne war von Hand mit einem Teelicht angezündet worden. Oben am Schrein bildete sich eine lange Schlange. Die war glaube ich für einen Gottesdienst. An dem habe ich nicht teilgenommen (die Teilnahme kostet nämlich Geld?!?!) und die Schlange war wirklich lang. Also ein weiteres Mal runter und zurück zum Bahnhof. In Osaka den Rucksack aus dem Schließfach geholt und zum Hotel gelaufen.
Dienstag, 16.08.
Osaka
Nach Tokyo und Yokohama die drittgrößte Stadt Japans.
Von dem, was ich vorher gelesen habe, habe ich mir die Stadt schlimmer vorgestellt. Es hieß, sie habe nur Hochhäuser, keine wirklich traditionellen Flecke und nicht viel Grün. Sie sei einfach aus Beton.
Was das angeht, wurde ich positiv überrascht. Ja, in Osaka stehen viele Hochhäuser – in Tokyo aber auch. Und da es in Osaka ein Limit für deren Höhe gibt, kommt einem die Stadt nicht so eng vor. Parks habe ich tatsächlich keinen gesehen, in Tokyo gibt es aber auch nicht sooo viele. Und wenn, dann sind sie entweder riesig oder winzig.
Zumindest für einen Tag, den ich hier verbracht habe, war es besser als erwartet.
Was auffällt: die Stadt ist dreckig. In etwa, wie eine Deutsche Großstadt. Überall sind schwarze Flecken auf dem Boden, wo mal Kaugummis hingespuckt wurden, und es liegen haufenweise Zigarettenstummel herum. In fast allen Städten ist das Rauchen verboten und nur in gekennzeichnete Zonen erlaubt. In Osaka wird aber quasi überall geraucht. Vielleicht ist das die rebellische Seite der Stadt, die ihr immer nachgesagt wird – Regeln brechen.
Schon erstaunlich, wie schnell man sich an die Sauberkeit gewöhnt. Umso mehr fällt es dann auf, wenn es auf einmal nicht mehr sauber ist, und irgendwie stört es dann auch.
Generell gibt Osaka einem das Gefühl, als würde es sich von dem Rest des Landes abheben oder distanzieren wollen. Angefangen damit, dass man nur hier auf der rechten Seite der Rolltreppe steht (überall anders steht man links. Es gibt unterschiedliche Theorien, warum man das in Osaka anders macht) bis dahin, dass sogar die Ampeln andere Töne machen, als im Rest des Landes.
Angefangen habe ich an der Burg. Am Hotel konnte ich mir ein Fahrrad ausleihen und damit dorthin fahren. Von Außen ist die Burg wirklich schön (knapp 50 Meter hoch) von Innen sieht man davon nichts mehr. Sie wurde zu einem Museum umgebaut, was die Geschichten der Burg – und so eines Typen, dessen Namen ich vergessen habe, der aber irgendeinen Bürgerkrieg beendet und das Land geeint hat – erklärt. Von dem ursprünglichen Aussehen des Inneren ist leider nichts mehr übrig.
Danach Richtung Dotonbori, dem bekanntesten Viertel der Stadt.
Dort musste ich erst einmal das Fahrrad loswerden. Überall in Japan sind Schilder, dass Fahrräder parken verboten ist dort und es andernfalls abgeschleppt wird. Durch Zufall eins gesehen, wo ein Rad und ein Aufzug drauf waren. Also hinterher, mit dem Fahrrad in den Aufzug und im Keller des Gebäudes war ein Parkplatz für Fahrräder. Natürlich kostenpflichtig. Egal was man in Japan parken will, man muss dafür bezahlen. Es waren allerdings nur 150 Yen (knapp über 1€) für sechs Stunden, also wirklich sehr günstig.
Auf der Ebisu Brücke ein Foto gemacht und gewundert, was die Leute auf der anderen Seite denn alle fotografieren – den Glico Mann. Das Maskottchen der Firma, die Pocky (in Deutschland bekannt als Mikado) und andere Süßigkeiten herstellt. Ich habe die ganze Zeit gedacht, dass es sich dabei um eine Statue und nicht um eine Werbetafel handeln würde und hätte ihn ohne die anderen Leute daher wahrscheinlicher übersehen. Das obligatorische Foto gemacht und weiter, durch die Straßen.
Und hier kam die verrückte Seite Osakas zum Vorschein. An allen Ecken gibt es Takoyaki (Oktopusbällchen) zu kaufen, vor den Läden bilden sich regelmäßig Schlangen. Und darüber sind riesige Oktopoden. Das geht die ganze Straße lang.
Es war erst 14.00 Uhr und ich wusste nicht, wohin mit der Zeit. Also zum Namba Yasaka Schrein gelaufen und von da aus zum Tsutenkaku, dem Wahrzeichen der Stadt und dem wirklich hässlichsten Turm, den ich jemals gesehen habe. Trotzdem habe ich die 900 Yen bezahlt, um hoch zu fahren und aus knapp 100 Metern die Stadt ansehen zu können.
Danach habe ich mich auf den Weg nach America-mura gemacht, einem kleinen Stadtteil, der nach dem Krieg sehr von den Amerikanern beeinflusst wurde. So sehr, dass auf einem Gebäude sogar eine kleine Replika der Freiheitsstatue steht. Dort ist es laut (und dreckig). Hauptsächlich Englische Musik kommt aus den Läden, die allesamt importierte amerikanische Kleidung und anderen Kram anbieten. Komischerweise habe ich mich dort ziemlich wohl gefühlt. Womöglich, weil es so ein großer Kontrast zu dem sonst so ruhigen und geregelten Japan ist. Zum Schluss habe ich noch Okonomiyaki (neben Takoyaki Osakas Spezialitäten) gegessen, das Fahrrad abgeholt und bin zurück zum Hotel.
Mittwoch, 17.08.
Himeji
Ich habe mich um 10.00 Uhr in den Zug Richtung Hiroshima gesetzt und bin in Himeji ausgestiegen. Dort gibt es eine Burg, die als eine der schönsten in ganz Japan bezeichnet wird. Und da ich die Zeit hatte, habe ich diese besichtigt. In dieser Stadt, die etwa 100 Kilometer von Osaka entfernt ist, steht man auf Rolltreppen auch auf der rechten Seite (zumindest im Bahnhof).
Wenn man den Schildern im Bahnhof zum entsprechenden Ausgang folgt, sieht man auch schon die Burg. Ich habe die mir größer vorgestellt, tatsächlich ist sie sogar etwas kleiner als die von Osaka, insgesamt 46,4 Meter hoch. Für die meisten Leute, sehen die beiden Burgen wahrscheinlich ziemlich gleich aus. Das Dach der Burg in Osaka ist grün, das der von Himeji weiß. Das wäre es zumindest, wenn es nicht so dreckig wäre.
Die Burg wurde in Kriegen nie zerstört und ist deswegen eines der ältesten erhaltenen Bauwerke des 17. Jahrhunderts.
Beim Ticketkauf muss man sich entscheiden, ob man nur die Burg anschauen will oder auch den Garten daneben, für 50 Yen extra. Wenn man das Ticket für den Garten bei diesem extra kauft, kostet es um die 300 Yen. Es lohnt sich auf jeden Fall, beides zu machen.
Beim Kauf des Tickets hat eine Angestellte mich darauf hingewiesen, dass es knapp zwei Stunden dauert, bis man durch ist. Also hinter dem Eingang am Automaten eine Flasche Wasser gekauft, die nicht vollkommen überteuert war, und los.
Im Inneren der Burg sind Schuhe verboten, die trägt man in einer Plastiktüte mit sich herum. Die meisten Räume sind leer, nur in einigen sind Informationen über die Burg zu sehen. Dann geht es mehrere steile Treppen nach oben, wo man aufpassen muss sich nicht den Kopf zu stoßen, damit man von ganz oben auf die Stadt gucken kann. Danach wieder runter und in den Garten. Dort gibt es mehrere unterschiedliche Gärten, die allesamt typisch japanisch aussehen.
Im Souvenirladen wurde ich Opfer des süßen Maskottchens, dann bin ich zurück zum Bahnhof gegangen und saß gegen 16.00 Uhr im Zug, diesmal tatsächlich nach Hiroshima, dem letzten Ziel auf meiner Reise.
Donnerstag, 18.08.
Hiroshima
Eine schöne Stadt, mit einer sehr traurigen Geschichte. Ich habe fast durchgängig mit den Tränen gekämpft, während ich durch den Friedensgedenkpark und das Museum gelaufen bin.
Mein erster Stopp war der Orizuru ( = Papierkranich) Tower. Dieser wurde direkt hinter der Atombombenkuppel/ A-Dome gebaut. Von dort aus hat man eine gute Aussicht über die Stadt und den Friedenspark.
Für Ausländer gibt es einen Rabatt (1.200 statt 1.700 Yen, circa 8,70 €) und das Papier für einen Origami-Kranich ist im Preis direkt mitinbegriffen. Oben angekommen bekommt man ein Blatt Papier, aus dem man einen Kranich faltet und den man in das Fenster, welches auf Bodenhöhe ist, fallen lässt.
Der A-Dome war damals nur 160 Meter vom Hypozentrum/ Bodennullpunkt/ Ground Zero entfernt, wo die Bombe in 580 Metern Höhe detoniert ist. Dadurch wurde er nicht vollkommen zerstört, weil die Explosion fast senkrecht auf ihn eingewirkt hat.
Aber warum gibt es eigentlich überall Kraniche?
Sadako Sasaki war zum Zeitpunkt des Atombombenabwurfs 2,5 Jahre alt und wuchs danach als scheinbar gesundes Mädchen heran. Im Januar 1955 wurde bei ihr Leukämie diagnostiziert, eine bei Überlebenden des Atombombenabwurfes häufig auftretende Krebserkrankung.
Sadakos beste Freundin erzählte ihr von einer alten japanischen Legende, nach der derjenige, der 1.000 Origami-Kraniche falte, von den Göttern einen Wunsch erfüllt bekäme. Sadako begann daraufhin, während ihres mehrmonatigen Krankenhausaufenthaltes Papierkraniche zu falten. Nachdem sie innerhalb von weniger als einem Monat 1.000 Kraniche fertiggestellt hatte, setzte sie ihre Arbeit in der Hoffnung auf Heilung fort. Ihr Bruder Masahiro Sasaki spricht von insgesamt rund 1.600 Kranichen, die Sadako bis zu ihrem Tod faltete.
Sie starb am 25. Oktober 1955 im Alter von 12 Jahren.
Seitdem wurden Origami-Kraniche zu einem Symbol der internationalen Friedensbewegung und des Widerstands gegen den Atomkrieg.
Danach ging es zur Friedensglocke und zum Kinderfriedensdenkmal. Dieses ist für alle Kinder, die durch die Atombombe gestorben sind.
Nach Sadakos Tod haben sich ihre Mitschüler dafür eingesetzt, dass dieses Denkmal gebaut wird. 3.100 Schulen haben Geld gespendet, um es zu realisieren. Es wurde am „Kodomo no hi“ (Tag der Kinder) 1958 eröffnet.
Oben drauf befindet sich eine Statue von Sadako, die einen Kranich hält.
Dann zur Flamme des Friedens. Das Feuer soll erst ausgehen, wenn der Tag kommt, an dem alle Atomwaffen von der Erde verschwunden sind. Es wäre schön, wenn man sie bald löschen könnte. Doch wahrscheinlich wird dieser Tag nie kommen.
Anschließend ging ich in das Friedensmuseum. Dort habe ich kaum Fotos gemacht. Einerseits, weil man bei alldem, was man dort sieht, nicht daran denkt, andererseits, weil es sich falsch und respektlos angefühlt hätte. In dem Museum gibt es Informationen von der Entwicklung der ersten Atombome (die Entdeckung der Kernspaltung, ein Brief von Einstein an Roosevelt), über die Geschehnisse am 6. August 1945, die Geschichte Hiroshimas und diverse Sonderausstellungen. In keinem anderen Museum, in dem ich bisher war, habe ich die Texte so aufmerksam gelesen, wie in diesem.
Mein letzter Stopp im Friedenspark war die Gedenkhalle für die Atombombenopfer. Davor ist eine Uhr abgebildet, die 8.15 Uhr anzeigt. Dem Zeitpunkt, zu dem die Katastrophe geschehen ist. Innen drin geht man einen spiralförmig Gang hinunter und endet in einem Raum, in dessen Mitte eine weitere Uhr steht. Über diese fließt Wasser, als Zeichen für die Verstorbenen. An der Wand ziert sich ein riesiges Mosaik, das Hiroshima nach der Detonation zeigt. Es wurde aus 140.000 Fliesen hergestellt, denn so viele Menschen starben Schätzungsweise bis Ende 1945 durch die Bombe beziehungsweise deren Folgen.
Dort wird auch ein Film gezeigt, über sechs Männer, die die Explosion aus unterschiedlichen Entfernungen erlebt und Fotos geschossen haben.
Danach führte mein Weg mich zur Burg. Diese ist circa 700 Meter vom Ground Zero entfernt gewesen und wurde vollkommen zerstört, aber 1958 originalgetreu wiederaufgebaut.
Den Abschluss des ersten Tages machte der Shukkei-en, ein großer japanischer Garten mit vielen Koi und Schildkröten. Das Futter, das ich gekauft habe, war eigentlich für die Fische gedacht, doch ich habe es hauptsächlich den Schildkröten gegeben.
Ein bisschen bereue ich es doch, nicht während meines Trips am 6. August von Kyoto nach Hiroshima gefahren zu sein, um bei der Gedenkzeremonie teilzunehmen. Vielleicht ergibt sich die Gelegenheit wann anders noch einmal.
Freitag, 19.08.
Mein letzter voller Tag in Japan. Morgens habe ich mich in den Zug nach Miyajima gesetzt, eine Insel etwa 20 Kilometer westlich von Hiroshima. Dort gibt es den Itsukushima Schrein mit einem der am häufigsten fotografierten Motive in Japan: einem großen, roten Torii Tor, das im Wasser steht.
Allerdings wurde ich enttäuscht. Denn seit Ende 2019 bis Dezember diesen Jahres werden Teile des Schreins und das Torii restauriert, sodass es komplett von einem Gerüst verdeckt wurde. Es macht also immer Sinn, sich vorher zu informieren, welche Sehenswürdigkeiten gerade restauriert werden. Das passiert in Japan nämlich recht häufig.
Daher habe ich mir den Schrein nicht angeschaut. Dieser ist auf Stelzen gebaut und steht bei Flut, wie das Tor auch, im Wasser.
Stattdessen bin ich in das Aquarium gegangen, wo mir wieder bewusst wurde, warum ich solche, oder auch Zoos, eigentlich nicht besuche. Das ist einfach nicht schön für die Tiere.
Danach bin ich zurück zur Fähre gegangen. Viel früher als ursprünglich geplant. Um 14.11 Uhr in Hiroshima in den Shinkansen gestiegen und 4,5 Stunden später im 800 Kilometer entfernten Tokyo wieder angekommen.
Der Fuji hat sich leider wieder in den Wolken versteckt. Erst als der Zug bereits 60 Kilometer an ihm vorbei war, konnte man die Spitze zwischen den Wolken sehen.
Zum Abschluss gab es noch einmal Ramen und danach habe ich zum ersten Mal in meinem Leben eine Kakerlake gesehen, als sie über den Gehweg gelaufen ist.
Samstag, 20.08.
Morgens um kurz nach sieben aus dem Hotel ausgecheckt, da der Flug bereits um elf ging. Mit dem Zug zum Flughafen, da das Handy per Kurier zurück an Tatsuya geschickt und anschließend zum Check-In gelaufen. Wenig später durch die Sicherheitskontrolle und dann hieß es warten.
Ich habe mal gelesen, dass wir Menschen ein Talent dafür haben, immer und überall unseren Namen zu erkennen, wenn der gerufen wird. Bei mir hat es am Gate zwei Durchsagen gebraucht, bis ich ihn verstanden habe. Dort wurde mir gesagt, dass irgendwas mit meinem Sitzplatz im Flugzeug ist, weswegen ich in die Business Klasse geschoben wurde. Gebucht wat Premium Economy, weil das zu dem Zeitpunkt günstiger war als Economy. Was soll ich sagen: Der beste, wenn auch mit 14 Stunden längste, Flug meines Lebens. Man kann den Sitz so weit verstellen, dass man tatsächlich liegt, hat einen großen Fernseher, den man über einen Controller oder per Touch steuern kann, und es gibt ein 3-Gänge Menü.
Es hat mich sowieso gewundert, dass der Flug für 14:15 Stunden angesetzt war, der Hinflug hat ja nur 11:40 Stunden gedauert. Dann kam die Durchsage, dass wir über Alaska und Grönland fliegen würden. Ich habe also gedacht, es geht über Amerika zurück. Aber nein, es ging über den Nordpol. Somit hatte ich leider keine Chance, noch einen Blick auf den Fuji zu werfen. Warum wir diese konische Route genommen haben, weiß ich nicht, die war nämlich knapp 3.000 Kilometer länger, als der Weg über Asien.
Wirklich mehr als auf dem Hinflug habe ich auch diesmal leider nicht geschlafen.
In Zürich angekommen in das Flugzeug nach Frankfurt gestiegen und dort mit einer halben Stunde Verspätung um 21:40 Uhr gelandet. Dort den Koffer geholt und den ICE nach Hause genommen. Damit war meine Japanreise dann nun endgültig vorbei.
Mein Fazit:
Japan ist nicht so verrückt, wie man denken mag. In meinen vier Wochen hier habe ich haufenweise Automaten gesehen, aber keinen einzigen, der getragene Unterwäsche anbietet. Ich habe auch keinen Zug gesehen, der mit Anime Charakteren bedruckt ist. Und auch niemanden, der einen Spritzschutz beim Ramenessen um das Gesicht hat.
Die Japaner sind auch nur Menschen. Und das, was über sie im Internet zu finden ist, sind natürlich immer die außergewöhnlichen Sachen. Wenn man nach Deutschen sucht, kommen bestimmt auch Bier und Lederhosen.
Generell sind die Japaner aber sehr rücksichtsvoll und super hilfsbereit.
Und hier noch eine Auflistung von Sachen, die ich (nicht) vermissen werde:
Was ich vermissen werde:
- kostenloses Wasser in Restaurants. Auch wenn Japan für jemanden wie mich mit empfindlichen Zähnen das falsche Land ist, weil alles eiskalt ist
- Getränkeautomaten an jeder Ecke. Ohne würde wohl die Hälfte der Japaner verdursten. Die Automaten zu haben, ist hier aber auch wirklich nötig, bei den Temperaturen im Sommer. Denn wenn man das Wasser erst mal eine Weile mit sich rumschleppt, und es gefühlt 30 Grad hat, ist es auch nur noch ekelhaft. Seit ich Kawasaki verlassen hatte, habe ich mich ausschließlich auf diese Weise mit Wasser versorgt.
- Die Pünktlichkeit der Züge. Klar, die haben auch mal Verspätung, aber im Normalfall sind es unter fünf Minuten. Ausfallen tun sie selten. Ja, ich weiß, die Shinkansen haben hier ihre eigenen Gleise und müssen sich die nicht mit den anderen Zügen teilen, aber irgendwie könnte man das in Deutschland doch auch optimieren. Außerdem haben die super viel Beinfreiheit. Und da es ein entsprechendes Foto im Internet gibt: er fährt nicht so sanft und glatt, dass eine Münze nicht umfällt
Die Busse in Sendai hatten dafür häufig Verspätung. Vor allem der Loople. Der hat aber auch quasi jede rote Ampel mitgenommen - die Hilfsbereitschaft der Japaner. Selbst wenn sie kein Englisch sprechen, erklären sie einem dem Weg so gut es geht oder begleiten einen sogar dahin. Und wenn man erst einmal eine Weile hier ist, dann eignet man sich das an, das genauso zu machen. Als mir eine Frau den Weg erklärt hat, ich sie aber nicht verstanden habe, hat ein Inder, der hier lebt, übersetzt und mir gezeigt, wo ich lang muss
- Klimaanlagen. Der Retter im Sommer, den es überall gibt
- kein Trinkgeld geben zu müssen. Das machen und ausrechnen zu müssen, wie viel man geben muss, nervt mich. In Japan gilt das als Beleidigung
- kostenlose, saubere, öffentliche Toiletten
- Das Essen aus Kunstharz, was in vielen Fenstern der Geschäfte steht. Sowas sollte es in Deutschland auch geben.
- Wie behindertenfreundlich das ganze Land ist. Durch jede Stadt, die Bahnhöfe und teilweise auch Einkaufszentren ziehen sich gelbe Hilfslinien für Sehbehinderte, fast überall gibt es Aufzüge und Rampen für Rollstuhlfahrer. Die Toiletten, wo man sein Kind in einen Sitz setzen kann und die Wickeltische in Herrenklos sollte man auch nicht vergessen.
Was ich nicht vermissen werde:
- Das einlagige Klopapier!!! Selbst wenn ich ein super modernes Klo mit Bidet habe, will ich doch trotzdem nicht durch mein Klopapier durchgucken?! Ich frage mich echt, was die Japaner sich dabei denken
- Das Wetter. Es ist zwar meistens echt gutes Wetter, aber ein paar Grad weniger würden auch nicht wehtun. Ich konnte teilweise nicht mal meine Arme auf den Beinen abstützen, weil die durch den Schweiß weggerutscht sind. Es hat nicht mal einen wirklichen Unterschied gemacht, ob es wolkig ist, oder nicht. Es ist einfach heiß. Und nachts kühlt es auch nicht sonderlich ab. Würde ich hier leben, hätte ich den Sommer wahrscheinlich auch nur drinnen verbracht und mir das nicht angetan. Wer freiwillig rausgeht ist wahnsinnig oder ein Tourist.
- Keine öffentlichen Mülleimer. Davon gibt es sehr wenige. Es ist überall zwar super sauber, weil alle ihren Müll mit nach Hause nehmen, aber genau das ist auch das nervige daran.
- chlorhaltiges Wasser. Daran werde ich mich wohl nie gewöhnen können, wenn Leitungswasser nach Chlor riecht und schmeckt
- die „Verkehrsregeln“. Wenn es Radwege auf der Straße gibt, fahren die meisten auf dem Bürgersteig. Wenn es einen Radweg auf dem Bürgersteig gibt, fahren viele da, wo die Fußgänger laufen. Da die Japaner nicht klingeln, wird das ist mal eine enge Nummer. Häufig laufen die Fußgänger dann auch auf dem Radweg. Und dann nicht einmal einheitlich alle auf einer Seite. Ich würde mal behaupten, dass man bei uns als Dahinter automatisch auf der rechten Seite des Weges läuft – machen die Japaner nicht. Links, Mitte, Rechts, alles dabei. In Deutschland würde man sie einfach überfahren – die haben auf dem Radweg ja nichts zu suchen. Und die Radfahrer würden blöd angemacht werden, wenn sie auf dem Fußgängerweg fahren würden
- Linksverkehr. Ich bekomme es einfach nicht gebacken zu verstehen, aus welcher Richtung die Autos jetzt kommen, je nachdem auf was für einer Straße ich war. Deswegen bin ich das ein oder andere Mal, fast vor eins gelaufen
Und wen interessiert, wie viel mich der ganze Spaß in etwas gekostet hat:
- Lebensmittel (Wasser aus Automaten nicht enthalten): 124 €
- Essen gehen: 173 €
- Eintritt: 95 €
- Souvenirs: 165 €
- ÖPNV: 86 €
- Hotels: 508 €
- Shinkansen (Tokyo>Fukushima): 74 €
- JR Pass: 265 €
- Flug: 1.837 €
- Kawasaki Wohnung: 942 €
- Sonstiges: 107 €
- abzgl. EU-Förderung: 2.178 €
- Summe: 2.198 € (wahrscheinlich sind es eher um die 2.300 €)
Für eine zweite Reise nach Japan, nehme ich mir folgendes vor:
- den Fuji besteigen (auch wenn das heißt, dass ich dann schon wieder im Sommer dahin muss)
- Hokkaido erkunden
Danke an alle, die mich währenddessen immer so aufmerksam verfolgt haben.
Ina