Hallo!
Am vergangenen Sonntag Nachmittag bin ich nach ganzen sieben Stunden Schnellzugfahrt im beschaulichen Bregenz angekommen. Und ich muss sagen, ich hätte wirklich nicht damit gerechnet, gleich beim Betreten des örtlichen Bahnsteigs von freier Sicht auf Bodensee und Gebirge willkommen geheißen zu werden.
Die Innenstadt war schnell gefunden (dank der zentralen Lage des Bahnhofs allerdings kein Kunststück…). Meine Unterkunft ließ da schon etwas länger auf sich warten. Zwar hatte ich mich vorab mit Wegbeschreibungen und Kartenmaterial ausgerüstet, dennoch strandete ich letzten Endes bereits in der Fußgängerzone. Doch auch hier rettete mich die zuvorkommende Art der Österreicher: Man erkannte meine vermeintliche „Notlage“, sprach mich augenblicklich an, ob ich Hilfe gebrauchen könnte und wies mir den Weg zu meiner Herberge. Ich muss wohl wirklich einen seeehr desorientierten Eindruck gemacht haben…
Mittlerweile sind zwei von 15 Arbeitstagen in meinem Praktikumsbetrieb, der ortsansässigen Bücherei, erfolgreich bestritten. An meine Arbeitszeiten muss ich mich allerdings noch gewöhnen: Montags, mittwochs und freitags zehn Stunden mit je einer Stunde Mittagspause, dienstags und donnerstags fünf Stunden. Das ist einerseits toll, da mir so recht viel Zeit bleibt, die Gegend zu erkunden. Andererseits… na ja. Zehn Stunden. 😉
Das Team hier ist aktuell aufgrund der Ferialzeit zwar recht klein (täglich etwa drei Personen, mich nicht mit eingerechnet), dafür aber wahnsinnig nett: Der Bibliotheksleiter erkundigte sich beim Kennenlernen nicht nur nach meinen persönlichen Erwartungen und Vorstellungen das Praktikum betreffend, sondern bot mir auch gleich das „Du“ an. Überhaupt fühlt sich hier alles sehr leger und fast familiär an, was teils sicherlich daran liegen mag, dass Bregenz (obgleich Vorarlberger Landeshauptstadt) mit etwa 30.000 Einwohnern zumindest in dieser Hinsicht nicht unbedingt eine Metropole ist.
Jedoch duzt man sich hier nicht nur untereinander; auch im Umgang mit Kunden (oder wahlweise auch im Beratungsgespräch mit der Sekretärin des Bürgermeisters) hört es sich – zumindest für mich als Deutsche – stets so an, als kenne man sich schon sein ganzes Leben lang. Vielleicht spielt hier aber auch der österreichische Dialekt mit ein, der einfach alles andere als steif klingt.
Und das ist schon seltsam: Zwar habe ich mir für mein Praktikum ein EU-Land ausgesucht, in dem meine eigene Muttersprache gesprochen wird, und doch tue ich mich noch recht schwer damit, solch gängige Begrüßungsformeln wie „Grüß Gott“ zu adaptieren… Viel schwerer jedenfalls, als mich im fremdsprachigen Ausland plötzlich auf Englisch verständigen zu müssen.
Nun aber zu meinen Aufgaben in der Stadtbücherei:
Tätigkeiten, die sich über den Tag wiederholen, sind etwa das Reinigen und (Ein-)Sortieren vormals entliehener Medien sowie der Versand von Benachrichtigungen an Kunden, sobald ein vorgemerkter Titel zur Verfügung steht.
Daneben habe ich aber bereits jetzt viele weitere Arbeitsbereiche und Vorgänge kennenlernen dürfen. Unter anderem habe ich einen kurzen Abstecher in die eingegliederte „Buchbinderei“ machen und dort einen Bildband eigenhändig laminieren können – natürlich unter Anleitung vom Profi. Auch im Bestellwesen sowie beim Anlegen von Kundenkonten und dem anschließenden Ausweisdruck durfte ich über die Schulter schauen. Dabei wurde mir für die Dauer meines Aufenthaltes ein Gastausweis ausgestellt, sodass ich nun auch als ganz regulärer Nutzer vom Medienbestand der Bibliothek profitiere.
Neben dem Tagesgeschäft finden auch einige Tätigkeiten außerhalb der Filiale statt: So bestücken die Mitarbeiter der Stadtbücherei mitunter regelmäßig den gen Bodensee gelegenen, öffentlichen „Bücherschrank“ mit gespendeter oder aber aus dem eigenen Bestand genommener Literatur. Insbesondere das Regal für Kinder- und Jugendbücher muss hier ständig aufgefüllt werden, da diese dem Schrank zwar in hoher Zahl entnommen werden, zugleich aber kaum Werke aus Privatbesitz wieder hinzukommen.
Des Weiteren durfte ich der Zweigstelle der Stadtbücherei einen Besuch abstatten, mit der mehrmals in der Woche ein reger Medienaustausch betrieben wird. Denn die Kunden dürfen mit ihren Nutzerausweisen aus den Beständen beider Filialen schöpfen.
Anknüpfend an den zuvor beschriebenen Bestellvorgang vom Vortag durfte ich den Bibliotheksleiter heute außerdem zur Abholung der entsprechenden Medien begleiten, die stets bei örtlichen Buchhandlungen in Auftrag gegeben werden, um den lokalen Markt zu unterstützen. Auf internationale Großanbieter wird hier weitestgehend verzichtet.
Okay, das war es zum Start. Mehr dann gen Wochenende.
Bis dahin!
P.S.: Im Gespräch habe ich übrigens erfahren, dass im öffentlichen Bibliothekswesen in Österreich hauptsächlich Ehrenamtler und Quereinsteiger arbeiten. Anders als in Deutschland gelingt der Zugang hier nämlich nicht unbedingt über eine Ausbildung oder ein bestimmtes Studium. Vielmehr kann man sogar erst anschließend an eine dem Bereich entsprechende Anstellung sowie Berufserfahrung den Titel „hauptamtliche/r Bibliothekar/in“ erwerben. (Anders gestaltet sich dies wiederum bei den Einstiegsvoraussetzungen wissenschaftlicher Büchereien.)