Willkommen zurück.
Da mein Praktikum nun vorbei ist, ich aber noch eine Woche in Japan bleibe, dachte ich, fasse ich hier die letzten Tage und meinen Abschlussbericht zusammen.
Bevor es am Montagmittag in Kyoto zu dem Kunden ging, hatte ich noch etwas Zeit totzuschlagen. Checkout im Hotel war um 10.00 Uhr, zum Mittagessen mit Takeo und Tatsuya war ich aber erst um 11.30 Uhr verabredet. Also habe ich beschlossen, den Kyoto Tower zu besteigen.
Seine Aussichtsplattform in 100 Metern Höhe ist mit dem des Skytree in Tokyo (350 bzw. 450m) ein Witz, doch er wurde auch 1964 fertiggestellt. Also ein Ticket für 800 Yen gekauft und hoch. Obwohl er erst um 10.30 Uhr öffnet, wollten schon relativ viele Leute dort hin. Hauptsächlich Familien mit Kindern. Von dort hat man eine gute Aussicht auf Kyoto mit vielen kostenlosen Fernglaäsern, durch die man sogar die Menschen und das Windspiel beim Kiyomizu-dera Tempel beobachten kann. Es gibt sogar Touch-Panels, die einem die Sehenswürdigkeiten zu unterschiedlichen Tageszeiten zeigen und Infotexte haben. So etwas fehlt beim Skytree.
Bei gutem Wetter (wenn es nicht so schwül ist) kann man bis nach Osaka sehen. Ich konnte die Stadt zwischen zwei Bergen erahnen.
Dann hieß es ab zum Bahnhof und Mittagessen. Es gab… Okonomiyaki. Ein Gericht, das ich noch mindestens zwei weitere Mal essen werde, in Osaka und Hiroshima.
Um noch etwas Zeit totzuschlagen (das Treffen mit dem Kunden war erst um 13.30 Uhr), sind wir auf das Dach des Bahnhofs gegangen. Neben dem Kyoto Tower womöglich das zweithöchste Gebäude. Wer sich die 800 Yen Eintritt also sparen möchte, kann auch dort hin gehen.
Ab ins Auto und zu…Nintendo! Die Halle des Kunden war nämlich in der Nähe. Dort haben sie mir kurz die Maschine gezeigt, um die es ging und für die womöglich ein Ersatz hersoll.
Danach in das Büro des Kunden, der nichts von seinem Glück wusste, dass ich dabei war. Doch das machte ihm nichts aus.
Am Freitag hatte Takeo zu mir gesagt, dass ich sehen werde, wie solche Gespräche in Japan ablaufen und dass ich es mit Deutschland vergleichen könnte.
Natürlich haben sie auf Japanisch geredet, doch sehr oft wurde auf mich gezeigt. Smalltalk also. Immer wieder wanderte mein Blick zur Uhr. Erst 10, dann 20, dann 30 Minuten und es ging teilweise immer noch über mich. Takeo macht sich einen Spaß daraus, dass man mich mit Kartoffeln und Schokolade glücklich machen kann – wahrscheinlich erzählt er das jetzt jedem. Es ging also um mich, meinen Vater, das Wetter und das Essen in Deutschand – zumindest ist es das, was ich verstanden habe und wo sie mir auch ein paar Fragen zu gestellt haben.
Nach einer halben Stunde fragte Takeo, ob es in Ordnung wäre, wenn wir zusammen vor der Maschine ein Foto machen wuerden. Also ab nach draußen.
Danach ging es zurück in das Büro und ich habe gedacht „Jetzt gehen die eigentlichen Verhandlungen los.“ Wir hatten keine zwei Minuten gesessen, dann standen sie wieder auf und verabschiedeten sich.
Im Auto wurde klar: es waren keine 30 Minuten Smalltalk gewesen. Der Kunde müsse erst auf die Rückmeldung der Stadt warten, ob er sich einen neuen Schredder kaufen dürfe. Die Genehmigung hatte er vor 20 Jahren, aber die würde wohl nicht für eine neue Maschine gelten.
Für mich klang das ein bisschen nach einer Ausrede, aber wer weiß, wie das hier ist.
Takeo hat Tatsuya und mich zurück zum Bahnhof gebracht und dort haben wir dann um 14.30 Uhr den Shinkansen nach Kawasaki genommen. Diesmal in der 1. Klasse mit der Begründung, dass ja die Firma das Ticket bezahlt.
Damit war dann auch schon meine Zeit in Kyoto vorüber.
Dienstag und Mittwoch bin ich ins Büro gegangen, habe dort weiter an meinen geliebten Excellisten gearbeitet. Und dann war das Praktikum auch schon vorbei.
Donnerstag (heute) ist ein Feiertag in Japan und Freitag hat die Firma einen Brückentag, weswegen gestern mein letzter Tag war. So schnell vergehen 2,5 Wochen.
Es war doch anders, als ich mir vorgestellt habe. Angefangen damit, dass nur vier der neun Kollegen ins Büro in Kawasaki kommen (und das nicht mal jeden Tag, weil sie ja hauptsächlich von zu Hause arbeiten), ein paar weitere beim Lager in Yokohama sitzen und Takeo im 450km entfernten Nara wohnt. Ausserdem wird im Büro kaum miteinander gesprochen. Während man bei uns in Deutschland gerne mal ein privates Pläuschen hält, gibt es das hier nicht. Wenn geredet wird, dann nur über die Arbeit.
Die Arbeitszeit ab 10.00 Uhr ist aber super entspannt. Ich hatte mich schon darauf eingestellt von 9.00 bis 18.00 Uhr oder so im Büro rumzusitzen.
Und: so viele englischsprechende Japaner habe ich bisher noch nicht auf einem Haufen gesehen!! (Es waren maximal vier Leute gleichzeitig.)
Aufgabentechnisch hatte ich keine Erwartungen, wahrscheinlich bin ich die erste Praktikantin, die sie hier überhaupt hatten, und war froh, dass es überhaupt etwas sinnvolles für mich zu tun gab. Deswegen habe ich mir auch keine wirklichen Lernziele gesetzt. Mein technisches Verständnis für die Maschinen ist vielleicht ein bisschen besser geworden. Da die Schredder oft Unikate sind, ist es schwer, sich das Aussehen vorzustellen. Ein Modell von der Firma selbst habe ich daher leider nicht gesehen. Allerdings weiß ich, dass sie große sind – das kann man sich ausmalen, wenn man einzelne Teile im Lager sieht. Aber groß müssen sie auch sein, immerhin werden da teilweise ganze Autos reingeworfen.
Somit habe ich einen nicht ganz so tiefen Einblick in die Arbeitswelt bekommen, wie ich gehofft hatte, aber Tatsuya hat sich immer bemüht, mich überall mit einzubeziehen.
Ingesamt waren alle super lieb (wobei das bei Japanern auch Fassade sein kann. Es macht einen großen Unterschied, ob sie höflich oder freundlich sind. Schlagwort: honne und tatemae.) Aber zumindest kam es mir immer so vor, als wäre das ehrlich gewesen.
Was ich mir vorgenommem habe, nicht zu direkt zu sein, hat glaube ich nicht ganz sooo gut funktioniert. Ihr war halt immer ehrlich. Aber da die meisten Gespräche privater Natur waren, hätte ich es da wohl auch nicht viel anders machen können. Da sie aber alle mit Europäern arbeiten, kennen sie das bestimmt. Und ich hatte auch nicht das Gefühl, jemanden gekränkt zu haben (kann natürlich trotzdem sein). Erfahren werde ich es wahrscheinlich nie.
Die offene Frage war noch: wie sieht es mit dem Umweltschutz aus?
Owada wusste letzte Woche keine spontane Antwort und Tatsuya musste auch etwas nachdenken. Sie versuchen ein papierloses Büro zu werden und Drucken nicht viel (davon sind wir in Deutschland weeeeeeeeeeeeeeit entfernt), haben Recyclingpapier und trennen den Müll. In Japan werden Plastikflaschen nämlich separat entsorgt, damit sie recycelt werden können. Für Geschäftsreisen innerhalb Japans wird hauptsächlich der Shinkansen benutzt. Immerhin ist das meistens die schnellste und trotz der relativ hohen Preise auch die günstigste Verbindung. Autobahnen sind nämlich Mautpflichtig und haben eine Geschwindigkeitsbegrenzung von maximal 100km/h. Die Klimaanlage im Büro können sie nicht selbst regulieren, sodass sie dadurch keinen Strom sparen könnten, wenn sie wolten.
In diesem Fall macht man sich also relativ wenig Gedanken um den Umweltschutz bei der Arbeit, verglichen mit Deutschland. Aber es gibt mit Sicherheit auch japansiche Unternehmen, die da aktiver sind.
Immerhin machen wahrscheinlich auch genug deutsche Firmen nichts oder wenig dafür.
Beide Unternehmen könnten sich also die ein oder andere Sache bei dem jeweils anderen abgucken.
Sooo. Ich sitze jetzt im Shinkansen auf den Weg in den Norden. Mein erstes Ziel ist Fukushima (von der Stadt zum Atomkraftwerk sind es knapp 80km), dann kommt Sendai. Ob ich mich dann noch weiter in den Norden Honshus (Morioka und Aomori) aufmache, entscheide ich spontan (da soll das Wetter aktuell nicht so toll sein). Montag geht es nach Osaka und Nara und Hiroshima bildet den Abschluss meines Monats in Japan.
Die ersten 2,5 Wochen sind super schnell vergangen und wenn ich ehrlich bin, habe ich gar keine Lust Ende nächster Woche schon wieder nach Hause zu fliegen und wieder arbeiten zu gehen. Es ist viel entspannter hier zu sein und durch die Gegend reisen zu können. Aber irgendwann hat leider alles ein Ende.
またね
Ina
Ein Gedanke zu „Die letzten Tage des Praktikums“
Hallo Ina,
es freut mich, dass Sie solch spannende Erfahrung sammeln können und uns auch nach Ihrem Praktikum noch mit auf Ihre Reise durch Japan nehmen. Es ist toll, dass Sie uns auch mit Fotos versorgen. So ist man fast selbst auf der Reise mit dabei 🙂
Ich bin gespannt auf Ihren nächsten Bericht.
Viele Grüße
Moritz Arendt