Für mich heißt es Halbzeit. Morgen startet die letzte Woche des Praktikums, danach bleibe ich noch eine weitere Woche hier.
Am Freitagmorgen bin ich nach Kyoto gefahren, wurde dort am Bahnhof von Takeo und dessen Frau (deren Namen ich leider nicht mehr weiß) abgeholt. Sie kann kein Englisch, war aber trotzdem total süß.
Wir haben mehrere Tempel und Schreine besichtigt und uns viel unterhalten.
Zuerst ging es zum Byodo-in, einem buddhistischen Tempel, der auf der Rückseite der 10 Yen Münze abgebildet ist.
Danach zum Fushimi Inari Taisha, einem Shinto-Schrein.
Das richtige Beten ist hier um einiges komplizierter als bei uns Christen.
In Japan gibt es zwei große Religionen: Shinto/ Shintoismus und Buddhismus. Der Shinto ist Japans eigene Religion, bei der viele verschiedene Götter angebetet werden und der hauptsächlich mündlich überliefert wird.
Die Urgötter, die Japan erschaffen haben, sind Izanagi und Izanami, dann folgt die Sonnengöttin Amaterasu, der Mondgott Tsukuyomi und der Sturmgott Susanoo. Wer Naruto kennt, dem kommen diese Begriffe alle sehr bekannt vor.
Das einzige, wie ich die Tempel und Schreine der unterschiedlichen Religionen auseinanderhalten kann, ist: Shinto Schreine haben Torii, buddhistische Tempel nicht.
Die Japaner können also sowohl dem Shinto als auch dem Buddhistischen angehören, so ist es bei Takeo und seiner Frau.
Als wir vor dem Torii am Fushimi Inari Taisha standen, erklärte er mir, dass sie beide nicht hindurch sondern daran vorbeigehen würden. Da im Mai die Mutter seiner Frau gestorben ist, betet Buddha das nächste Jahr für sie. In dieser Zeit dürfen sie durch kein Torii gehen, da sie dadurch irgendwie doppelt beten würden und das nicht gut ist.
Soweit so gut, mag man denken. Bis man weiter hoch geht, denn dann kommen sie, die 1000 roten Torii. Dafür ist der Schrein berühmt. Eins nach dem anderen stehen sie dort. Als Takeo mich gefragt hat, ob ich ein Stück nach oben gehen will, sagte ich ja. Ich dachte, die beiden würden warten, doch sie sind mir gefolgt. Da es nebendran keinen Weg gab, sind sie ebenfalls durch die Tore gegangen. Ein schlechtes Gewissen hatte ich schon, dass sie diese Regel nun wegen mir gebrochen haben. Später am Tag sind sie aber an jedem Torii vorbei gelaufen, bei dem es möglich war.
Wir sind nicht ganz nach oben auf den Berg gegangen, das hätte ich gerne heute nachgeholt, aber dafür hatte ich keine Zeit mehr. So leer wie aktuell ist es in Kyoto wahrscheinlich nie wieder. Und der Fushimi ist eine der beliebtesten Sehenswürdigkeit überhaupt in ganz Japan. Viele Menschen sind wahrscheinlich über das Wochenende nach Hiroshima gefahren, da sich am Samstag der Atombombenabwurf dort gejährt hat. Und es sind eben nicht so viele Touristen hier. Und es ist Sommer…
Danach ging es knapp eine Stunde durch halb Kyoto auf einen Berg zum Hiezan Enryakuji Tempel (buddhistisch). Von einem Punkt da oben hat man eine tolle Aussicht auf Kyoto, den Biwako See und die angrenzende Präfektur Shiga. Und ich habe kein Foto gemacht 😭
Da wird aktuell ein Tempel renoviert, was wohl mehrere Jahrzehnte dauert. Um diesen wurde eine Halle gebaut, dennoch kann man ihn betreten.
Da oben durfte ich auch eine der berühmten Glocken läuten. Die Dinger hallen ziemlich lange nach.
Wieder den Berg runter und kurz zum Nishiki Markt, einer langen, schmalen Straße, mit vielen Essensläden. In Kyoto sind saure Gurken sehr beliebt. Die gibt es hier in allen Variationen und sogar in pink. Teilweise essen die Gurke am Stiel.
Danach ging es zu einem Restaurant Abendessen. Es gab Yu-Tofu, auch traditionell für Kyoto. Man erhitzt Tofu in heißem Wasser und dippt ihn in spezielle Sojasauce. Dazu gibt es mehrere kleine Beilagen.
Dann war der Tag auch schon vorbei. Die beiden haben mich zurück zum Hotel gebracht und wir haben uns verabschiedet.
Am Samstagmorgen habe ich mir im Hotel kostenlos ein Fahrrad ausgeliehen und bin damit den ganzen Tag durch ganz Kyoto gefahren. Die meisten Sehenswürdigkeiten sind nur wenige Kilometer auseinander. Also habe ich die meisten von meiner Liste an einem Tag geschafft. Kaiserpalast, Heian-jingū Schrein, Nanzen-ji Tempel (vor dem war das Restaurant wo wir Freitag waren), Kiyomizu-dera Tempel (hier war verglichen mit dem Rest viel los) und Yasaka Schrein.
Teilweise sehen sich die Tore (nicht die Torii) vor den Schreinen ziemlich ähnlich.
Kyoto mit dem Fahrrad lohnt sich auf jeden Fall. Meistens ist es relativ flach, sodass man auch im Sommer relativ gut klarkommt.
Heute habe ich nur drei weitere Sachen geschafft, da die teilweise relativ weit außerhalb sind und es deswegen dauerte, bis man dort mit Bus und Bahn angekommen ist.
Busfahren in Kyoto ist toll! Es kostet immer 230 Yen, egal ob ich eine Station fahre oder von der ersten bis zur letzten. Für lange Strecken lohnt sich das allemal.
Heute war ich im Arashiyama Bambus Wald, der normalerweise auch vollkommen von Touristen überlaufen ist. Auch hier war es relativ leer. Danach bin ich zum Kinkaku-ji gefahren. Wie ich gelesene habe: „Fahre für eine Stunde durch die ganze Stadt, nur um dir den Tempel dann für fünf Minuten anzugucken“. Genau so ist es, gelohnt hat es sich finde ich aber trotzdem. Der ist echt schön.
Danach ging es noch zum Toji, den ich fast vergessen hatte. Die 500 Yen Eintritt kann man sich meiner Meinung auch sparen. Die große Pagode aus Holz ist schon eindrucksvoll, aber man kann sie auch gut genug von außerhalb des Geländes sehen. Daneben gibt es zwei Hallen, wo (super verstaubte) Buddhastatuen, die man nicht fotografieren darf, drin sind. Das war doch ein bisschen wenig, was ich für mein Geld bekommen habe.
Generell kosten fast alle buddhistischen Tempel eintritt. Mit der Ausnahme des Higashi Hongan-ji. Der ist in der Nähe der Kyoto Station und wirklich riesig. Empfohlen wird er nirgends als Sehenswürdigkeit. Ich war da, fünf Minuten bevor sie geschlossen haben, deswegen konnte ich nur ein paar Fotos machen, mich aber nicht weiter umsehen.
Warum ich für diese vier Sachen nun also acht Stunden gebraucht habe? In Arashiyama bin ich zu früh aus dem Bus ausgestiegen, musste also laufen und bin bei mehreren Souvenirshops auf dem Weg stehengeblieben, auf der Suche nach der Bahn bin ich falsch abgebogen. Auf dem Weg zum Kinkaku-ji habe ich mich ein bisschen verlaufen und alleine die Busfahrt vom Kinkaku-ji zum Toji hat 45 Minuten gedauert (aber nur 230 Yen gekostet 😉).
Morgen Mittag geht es dann mit Takeo und Tatsuya zu dem Kunden (der eigentliche Grund, warum ich dieses Wochenende schon in Kyoto bin).
Mir gefällt Kyoto um einiges besser als Tokyo. Es ist hier nicht so…hässlich. Laut Takeo gibt es hier in der Kansai Region in einigen Städten ein Höhenlimit für Gebäude, sodass es hier keine Wolkenkratzer gibt. Egal wo man in Tokyo hinschaut, sieht man Beton. Takeo sagte so schön: „Tokyo ist eine Stadt zum Arbeiten, aber nicht zum Leben.“
In der Nähe der Autobahn gibt es Reisfelder und die Stadt ist von Bergen umgeben. Allerdings ist Kyoto optisch doch nicht sooo traditionell, wie gedacht. Vielleicht war ich dafür aber teilweise auch nicht an den richtigen Orten. Eine Geisha habe ich leider auch nicht gesehen – beim nächsten Mal dann!
Fazit: drei Tage reichen für diese Stadt einfach nicht aus. Es gibt noch viele Orte, die man hätte entdecken können.
Wer wildes, verrücktes und Klischeehaftes Japan will, der muss nach Tokyo. Für Kultur, Religion und haufenweise Schreine, ist Kyoto perfekt. Es hat auch nur 1,5 Millionen Einwohner, die Stadt Tokio hat knapp 10 Millionen.
Und es ist nicht so hässlich 🙃 Takeo stimmte mir zu, dass man Tokyo und New York optisch wahrscheinlich nicht wirklich auseinanderhalten könnte. Wolkenkratzer soweit das Auge reicht.
Tokyo ist eben eine Stadt zum Arbeiten und nicht zum Leben.
またね
Ina
2 Gedanken zu „Einblicke in Kyoto“
Hallo Ina,
es ist großartig, Ihre ausführlichen Berichte zu lesen. Das ist ein guter Reiseersatz. Und Japan ist ein wunderbares Land.
Und mich freut es, dass Sie eine gute und spannende Zeit haben.
Weiterhin alles Gute und safe travels
Nick Denis
Hallo Ina,
danke, dass du uns auch die Möglichkeit gegeben hast, bei deiner Reise mal reinzuschnuppern. Sehr spannend, was du alles erlebst!
Alles Gute weiter LG Katharina